Knappenverein Glückauf-Südkamen 1901

Zum Andenken an das Grubenunglück am 20.Februar 1946

Bericht zur Trauerfeier in der Schwarzkaue


Auszug aus dem Extrablatt/Sonderdruck zu dem Unglück

Seite 3

Trauerfeier für die Opfer von Grimberg III/IV
Hohe Vetreter der Behörden und Konfessionen übermitteln den Hinterbliebenen Beileid und Hilfe
Forderungen nach erhöhter Sicherheit im Bergbau.

Auf den himmelragenden Fördertürmen des schwarzen Reviers an der Ruhr und von den öffentlichen Gebäuden der Städte und Gemeinden des Industriegebietes wehten schon oft die Fahnen halbmast, wenn der tägliche harte Kampf um die Kohle von der jähen und unerbittlichen Hand des Todes gezeichnet worden war. "Radbod", "Minister Stein", "Mont Cenis" und "Kaiserstuhl" sind nur einige dieser großen Erntestätten des schwarzen Todes, der dem Volk an Ruhr und Lippe so manches Leid zufügte, aber ein Leid, das nie allein und einsam im Bannkreis des Unglückschachtes blieb, sondern stets getragen und geborgen war in der großen Bergmanns- und Schicksalsfamilie des weiten Industriereviers. Wieder forderte nun das Suchen und Graben nach dem wertvollen schwarzen Gut im Schoße der Erde eine gewaltige Katastrophe.

Als am 20. Februar kurz nach der vollen Mittagsstunde sich das Donnergrollen eines Vorfrühlingsgewitter mit de Urkrafttönen einer schweren Explosion auf dem Gelände der Schachtanlage Grimberg III/IV der Zeche Monopol verband, hatten die nach menschlichem Vermögen gebändigten Kräfte der Natur das schwerste aller bisherigen Bergwerksunglücke heraufbeschworen, dem 3 britische Offiziere und 401 deutsche Bergleute zum Opfer fielen. Ihnen galt das Gedenken in der erhebenden, von der Mittrauer des ganzen Ruhrreviers und ddes Landes der roten Erde getragenen Totengedenkfeier am Sonntagvormittag in der Waschkaue des Unglückschachtes zu Weddinghofen bei Kamen.

Im schlichten Trauergewand von lorbeer und Tannengrün, bestickt mit den Flämmchen brennender Grubenlampen, stand die Waschkaue würdig gerichtet zum letzten "Glückauf" an die toten Knappen. Ueberragt von einem großen weißen Kreuz auf schwarzem Grund erhob sich inmittender großen Trauergemeinde ein von Kränzen überdeckter Katafalk, flankiert von Grubenlampen und überstrahlt vom matten Glanz einer märzlichen Sonne, deren Licht aber nicht durchzudringen vermochte in die von Leid und schmerzerfüllten Herzen der vielen hundert Angehörigen und Ehrengäste, die dichtgedrängt den weiten Raum bis auf den letzten verfügbaren Platz füllten. Draußen standen weitere Hunderte, denen durch Lautsprecherübertragung die Teilnahme an der Gedenkfeier ermöglicht wurden. Die getragenen Klänge eines Trauermarsches, gespielt von einer Bergknappenkapelle, fanden wehmütigen Widerhall in den herzen der vielen Trauernden. Der harte Würgegriff des Todes und das Schicksal der in der Tiefe des Schachtes begrabenen Knappen überwältigte manches tapfere Herz der Hinterbliebenen.

Trauerfeier in der Waschkaue, die bis auf den letzten Platz gefüllt war.

Bergwerksdirektor Wagner,

der Leiter der Essener Steinkohlenbergwerks AG, kennzeichnete in seiner Ansprache das Unglück von Grimberg III/IV als das größte, das je über den deutschen Bergbau gekommen sei. Alle Maßnahmen und Überwachungsmethoden seien wertlos, wenn sie durch die unheimlichen Kräfte der natur ausgeschaltet würden. Trotz aller Trauer gelte es, die innere Kraft zur Überwindung des schweren Schicksalschlages zu finden. Der gemeinsame Tod der 3 britischen Offiziere und der deutschen Bergleute sei ein Symbol dafür, daß die Menschheit sich auf bessere Aufgaben besinnen möge, besonders in der gemeinsamen Arbeit zur Bekämpfung der vielen Gefahren des Bergbaus.

Präses D. Koch,

übermittelte das Beileid der evengelischen Kirche Wesfalens. "Schon der Krieg hat die Gemeinde Bergkamen schwer heimgesucht", so sagte er u.a.," und nun ist noch einmal so eine schwere Heimsuchung über sie hinweggegangen. Es ist verständlich, wenn angesichts all` des Leides die Frage "Wo ist Gott" auftaucht. Wo er ist? Wer will darüber etwas sagen. Es ist für uns Menschen ein unlösbares Rätsel. Paulus sagt in seinem Brief an die Römer im 14. Kapitel: "Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Also, ob wir leben oder sterben, wir sind des Herrn". Und als neues Zeugnis führe ich die Verse des Frühvollendeten Dietrich Bonhöfer an, die er am 1. Januar 1945 im Gestapo-Gefängnis in Berlin dichtete: "Und reichst Du uns den schweren Kelch, den bitteren des Leids, so nehmen wir ihn dankbar, ohne Zittern, aus der geliebten Hand". Solche weltüberwindende und todbesiegende Kraft möge sich auch in den Herzen der Hinterbliebenen ergießen. Menschenworte und Menschenmacht versagen in solchen Stunden. Ergriffen von der Größe der trauer und des Leides kann ich nur sprechen:"Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen, der Name des Herrn sei gebenedeit". Anschließend verkündete Präses Koch die Stiftung von 50 000 Reichsmark und das Ergebnis einer Kollekte in allen westfälischen Kirchen als Beitrag zur Linderung der wirtschaftlichen Not der Hinterbliebenen.

Die Anteilnahme des Erzbistums Paderborn überbrachte

Erzbischof Lorenz Jaeger

Das Massensterben im Industriegebiet während des Krieges habe die Menschen gelehrt, dem Tod ins Auge zu schauen. Aber als die Nachricht von der Grimberger Katastrophe eingetroffen sei, habe sich ihm das Herz zusammengekrampft und die bange Frage auf die Lippen gedrängt:"Ist der Kelch des Leidens noch nicht voll? Ist nicht genug des Weinens und Wehklagens auf der Erde?" Der Menschengeist vermöge nur wenig das Dunkel um diese fragen aufzuhellen. Aber der Christ wisse, daß alles Leben lebe aus dem Opfer. Darum könne man nur mit Dankbarkeit vor den Toten des Unglücks stehen, die in ihrem gefahrvollen Beruf ihr Leben opferten, damit Kohle werde.Ihr Tod sei ein Beispiel und mahnung dafür, das Leben zu leben für das Wohl aller. Eine Spende von 50 000 Reichsmark und den Ertrag einer Kirchenkollekte, beide Beträge beim Dekanat Kamen besonders für die Erziehung der Waisen verfügbar, seien der äußere Ausdruck der Anteilnahme des Erzbistums Paderborn am Schicksal der Hinterbliebenen.

Im Namen der Offiziere der North German Coal Control sprach

Mister Collins

Worte wärmster Anteilnahme und Worte ehrendes Lobes für die Rettungsmannschaften deren Arbeit trotz großer Feuer und steter Gefahr einer neuen Explosion schwierig und heroisch gewesen sei. Bei diesem Unglück habe es keine Nationalitäten gegeben, um die lebend zu bergen, die geborgen werden konnten.

Oberpräsident Dr. Amelunxen

übermittelte neben dem Beileid der gesamten Provinz Westfalen das Beileid der Nordrheinprovinz sowie des Ministerpräsidenten der amerikanischen Besatzungzone.Linderung des seelischen Leides und der wirtschaftlichen Not der Hinterbliebenen sei eine Selbstverständlichkeit. Darüber hinaus habe der Bergmann als Vertreter eines der schwersten und gefahrvollesten Berufe das Recht, daß kein Weg versäumt würde, seine Arbeit zu sichern. Denn das leben eines Kumpels sei mehr wert als die Rentabilität einer ganzen Kohlenzeche.

Regierungspräsident Fries

führte nach Worten des Beileids und der Mittrauer, die er im Namen des Regierungsbezirks Arnsberg und aller Behörden ausdrückte, u.a. aus: "Wenn der schwarze Tod durch die Grube jagt, gibt es viele Tränen, Kummer und Sorge. Die Tage der Not auf Grimberg haben die Kameradschaft im Leben und Tod neu aufgezeigt und von den Rettungsmannschaften wurde Übermenschliches geleistet. Von allen wurde alles getan, was nur möglich war. Die Toten klagen nun an und rufen die Gewissen bei den Werksleitungen und Behörden an, alle Maßnahmen zu überprüfen und neue zu ersinnen, um die Sicherheit im Bergbau zu erhöhen und ähnliche Katastrophen vorzubeugen. In den vergangenen 12 Jahren ist leider auf diesem Gebiete nicht alles Notwendige geschehen. Der Raubbau des Nazisystems im Bergbau bedingte schwere Versäumnisse in den Sicherheitsmaßnahmen. Aber auch in den vergangenen Monaten hätte man schneller an der Korrigierung der Unterlassungen in den notwendigen Sicherheitsmaßnahmen gehen können. Die Wirtschaft ist für den Menschen da und nicht der Mensch für die Wirtschaft". Der regierungspräsident schloß seine Ansprache mit dem Satz:"Wir sind nicht in der Lage, alle Not und alles Elend zu stillen. Nur einer kann uns trösten: Jesus Christus, der Gekreuzigte".

Als Vertreter der Bergbehörde sprach

Berghauptmann Nolte

vom Oberbergamt Dortmund. Die furchtbare Katastrophe, so führteer u.a. aus, habe mit erschreckender Deutlichkeit die Gefahren des Bergbaus vor aller Augen geführt. Trotz aller wissenschaftlichen Erkenntnisse und praktischen Erfahrungen ließen sich die Gefahren des Bergbaus wohl nie restlos beseitigen. Trotzdem dürfe man nicht zurückschrecken und sich mit etwas Unüberwindlichem einfach abfinden. In der Öffentlichkeittauche mit Recht die Frage nach den Urschen des Unglücks auf. Diese würde aber voraussichtlich nie ganz geklärt werden können. Die Explosion habe sämtliche Baue in Mitleidenschaft gezogen. Ferner lägen die Zeugen tief im Schacht tot an ihren Arbeitsplätzen. Die eingeleitete Untersuchung werde mit größter Sorgfalt durchgeführt. Wo sich Fehler und nachlässigkeiten herausstellen sollten, versprach Berghauptmann Nolte, die verantwortlichen zu strenger Rechenschaft zu ziehen.

Der Vorsitzende der Bergarbeiter-Gewerkschaft, Schmidt, forderte für die Zukunft größere Kontrollen durch Betriebsräte und Grubensicherheitskommisare, nachdem er in teilnehmenden Worten der toten Arbeitskameraden gedacht hatte.

Weiter traten noch mit letzten Grüßen und warmempfundenen Beileidsworte hinter den Katafalk: Herr Lichtenstein von der Bezirksleitung der KPD, der das gemeinsame Grab der toten Kameraden als Mahnung zu gemeinsamer Arbeit und Anstrengung zur Verwirklichung der Einheit der Arbeiterschaft bezeichnete und Herr Gleissnerfür die SPD aller Zonen. Er betonte, daß die Sozialdemokratie sich bemühen werde, die Untersuchung nach der ursache des Unglückes so zu forcieren, daß nicht nur von eventuellen Schuldigen gesprochen werden könne. Denn gewisse Fahrlässigkeiten seien nicht von der hand zu weisen. Ein Verteter der Belegschaft des Unglückschachtes, Herr Schröder, widmete seinen verblichenen Arbeitskameraden zum Abschluß der Reden ein herzliches Gedenken aufrichtiger Treue. Sein letztes "Glück auf" an die teuren Toten wurde aufgenommen und weitergetragen von den weihevollen Klängen des Chores: "Wie sie so sanft rufen". Noch einmal vereinte sich die große Trauergemeinde in stillem Gedenken an die Opfer der gewaltigsten Katastrophe des deutschen Bergbaus, von denen die meisten ihr Grab fanden an der Stätte ihrer täglichen Arbeit und Mühe um Kohle, dem wertvollen Schatz des schwarzen Reviers im westfälischen Land.

Trauerfeier im Rundfunk

Am Sonntag, 3. März, in der Zeit von 21:25 - 21:45 Uhr brachte der Nordwestdeutsche Rundfunk einen von Dr. Bernhard Ernst gesprochenen und begleiteten Hörbericht von der Trauerfeier für die Opfer der Grubenkatastrophe von Grimberg III/IV . Das Hörbildvermittelte durch gute Ausschnitte einen stimmungsvoll überzeugenden Eindruck von der Gedenkstunde für die Toten des größten deutschen Bergwerksunglücks.

Teilnehmer der Trauerfeier in der Waschkaue Grimberg III / IV

Bildquelle dieser Seite - Bergkamen-Infoblog

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