Knappenverein Glückauf-Südkamen 1901

Zum Andenken an das Grubenunglück am 20.Februar 1946

Über den Verlauf des Rettungswerkes

auf der Schachtanlage Grimberg II/IV nach der Explosion am 20.02.1946

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Vom Schacht IV her - bzw. aus der westlichen Richtstrecke waren die Brände bis auf einige Meter vor dem Abzweig der östlichen Richtstrecke vorgedrungen und der Abzweig der westlichen Richtstrecke lag bereits zu Bruch. Die Wiederaufnahme der Bergungsarbeiten macht zumindest die Verhinderung eines weiteren Vorschreitens des Brandes durch Aufgabe von genügend Löschwasser erforderlich. Zu diesem Zweck wurde die an der Abdämmungsstelle bereits unterbrochene Wasserleitung wieder hergestellt und in der Zwischenzeit durch Einreißen des Gewölbes vor dem Brand und Unterbrechung der Quetschholzlagen ein Übergreifen auf die östliche Richtstrecke verhindert. Gegen 22:00 Uhr war die Kübelförderung soweit fertig gestellt, daß mit der Befahrung begonnen werden konnte. Nach einem Probezug fuhr um 22:30 Uhr Herr Direktor Wagner mit den drei Schachthauern Brockhaus, Fischer und Büsse, die sich freiwillig gemeldet hatten, zur 2. Sohle herunter, während Herr v. Hoff die zur Sicherung der Bergungsarbeiten unbedingt erforderlichen Brandbekämpfungsarbeiten überwachte. Sie drangen durch das vollkommen verbrochene und an vielen Stellen brennende Füllort bis zum Laderaum vor, um den dort gemeldeten Verletzten zu bergen, Herrn Direktor Wagner gelang es, bis in die Mitte der Maschinenkammer einzudringen, er mußte jedoch ein weiteres Vorgehen bis zu dem Verletzten wegen der unerträglichen Hitze und des starken Qualmes aufgeben. Auf Grund dieser Feststellung nahm er mit Recht an, daß der Verletzte längst an den Brandgasen und der Hitze zum Opfer gefallen sei und kehrte zurück. Nach seiner Rückkehr untersuchten sie die nähere Umgebeung des Schachtes und stießen auf den Anschlag Flöz Rötttgersbank einge Meter unterhalb der 2. Sohle auf 8 Überlebende, die in der Zeit von 23:48 Uhr bis 01:10 Uhr (am 24.02.) zu je zweien zur 1. Sohle und von dort nach erster ärztlicher Hilfeleistung durch einen angefahrenen Arzt über Schacht Grillo zu Tage geschafft wurden.

Nach weiteren Explosionen - banges Warten überall.

Bildquelle - Screenshot Bundesarchiv

Gegen 04:00 wurde das Füllort der 2. Sohle nochmals zwecks weiterer Erkundungen von Dipl.-Ing. Bredenbruch von der Hauptstelle mit zwei Grubenwehr-Oberführern befahren. Da weitere Brüche gefallen waren und die Brände zugenommen hatten, musste die Befahrung noch vor der Ladekammer abgebrochen werden. Nach der Rückkehr des Herrn Bredenbruch zur 1. Sohle fuhr Herr Bergassessor Trainer mit einem Schachthauer nochmals zur 2. Sohle, um festzustellen ob die nördliche Wetterstrecke in Flöz Röttgersbank hinter Schacht II befahrbar sei. Da der Zug zu dieser Strecke vollkommen zu Bruch lag, konnte die Erkundigung nicht durchgeführt werden. Abschließende wurden von mehreren Rettungstrupps noch je 2 Tote aus dem Füllort der 2. Sohle aus der alten Wetterstrecke Flöz Ida geborgen. Nach der erfolgreichen Bergung der letzten Überlebenden wurde beschlossen, vor der endgültigen Einstellung der Bergungsarbeiten nochmals über die 1. Sohle durch den Schacht III zum Anschlag Flöz Ida zu fahren und von dort aus einen letzten Erkundungsvorstoß durch den Wetterberg zum Hobelstreb zu wagen. Am 25.02. fuhren um 14:30 Uhr Herr Doneit von der Hauptrettungsstelle und der Oberführer, Fahrsteiger Bach, mit einem Trupp der Grubenwehr auf Schacht III an, um diesen Plan durchzuführen. Bei der Ankunft auf dem Anschlag Flöz Ida im Schacht III konnten sie bereits von der Kreuzung her Feuerschein wahrnehmen. Nach gewaltsamen Öffnen der nur teilweise aufstehenden und stark verklemmten Wettertüren stellten sie fest, daß die Streckenkreuzung zu Bruch lag und aus dem Wetterberg Flöz Ida sich das Feuer bereits bis zur Kreuzung ausgedehnt hatte. Da unter diesen Umständen der gegebene Auftrag nicht durchgefüht werden konnte und ein weiteres Vordringen vollkommen unmöglich war, fuhren sie wieder zur 1. Sohle herauf und meldeten sich um 20:45 Uhr in der Bereitschaftsstelle zurück.

Da alle weiteren Überlegungen immer wieder zu dem Schluß führten, daß in dem überall brennenden Grubengebäude kein Mensch mehr leben könne und auch jede Aussicht für die Bergung von Leichen genommen war, wurde am 26.02.1946 um 16:15 Uhr der endgültige Befehl zur Abdämmung gegeben.

Von den zur Zeit der Explosion in der Grube befindlichen 466 Personen wurden 64 lebend und 18 tot geborgen, so daß die Gesamtzahl der in der Grube verunglückten 402 (davon 3 britische Offiziere) beträgt. Außerdem verunglückten über Tage 2 Mann tödlich und einer verstarb nachträglich im Krankenhaus.

An den Rettungsarbeiten waren außer den eigenen Grubenwehren der Monopol-Schächte die Hauptstelle Grubenrettungswesen, die Berufsfeuerwehr Rheinelbe und Grubenwehren von 12 benachbarten Schachtanlagen beteiligt. In 69 Einsätzen gingen insgesamt 254 Grubenwehrleute mit Gasschutzgeräten zur Erkundung bzw. Rettung von Menschenleben vor. Außerdem wurden für die Bergung der Überlebenden auf der 2. Sohle 29 Mann ohne Gerät eingesetzt. Insgesamt sind 146 Gasschutzgeräte benutzt worden, Irgendwelche Störungen und Fehler an Gasschutzgeräten sind nicht aufgetreten; allerdings machte sich der Nachteil bemerkbar, daß die Gebrauchsdauer der Geräte bei den langen Anmarschwegen zum Teil nicht ausreichte.
Die Rettungstrupps gingen mit größter Einsatzfreudigkeit vor und auf Grund ihres einwandfreien Verhaltens während der Atmung im Gerät konnten sämtliche Einsätze ohne jegliche Störungen durchgeführt werden.

Hauptstelle Grubenrettungswesen Essen

i.A. gez. Bredenbruch


Anmerkung:
gez. Rainer Martiensen

Vermissen wird jeder Leser den Bericht, was aus den Toten Kumpels geworden ist. Wurden alle geborgen, oder wie viele von ihnen wurden geborgen und wie viele blieben unten im Berg? Warum hat hierüber keiner mehr berichtet?

Ob die Aufzeichnungen korrekt sind, kann auch niemand mehr belegen. Wenn man nach einer solchen Explosion als Führungsperson in einen solchen Betrieb geschickt wird, ist es einem sicherlich nicht so geheuer. Wann gibt es die nächste Explosion, komme ich überhaupt heil wieder hier raus? Auch die Begegnung mit den mehr oder weniger verletzten noch lebenden oder toten Personen ist kein schöner Anblick. Besonders, wenn man diese Personen selbst kennt. Aber an manchen Stellen erscheint mir die Wiedergabe nicht immer so ganz der Wahrheit entsprechend. Waren die benannten Männer tatsächlich in den von ihnen benannten Orten, oder dachten sie, hier lebt sicher keiner mehr, warum also mein Leben riskieren. Wobei man ihnen ohne weiteres zupflichten muß. Einen direkten Vorwurf, ob die Männer wirklich alles menschenerdenkliche getan haben, noch lebende Männer zu retten, kann man nachträglich nicht machen. Keiner von uns weis, wie er selber reagiert hätte. Dann aber hätte die Beschreibung, die hier abgegeben wurde, weniger positiv ausfallen müssen/dürfen! Wie aber hätten dann wieder die Direktoren reagiert? Andererseits nützt es niemandem, wenn man 10 Menschen in den Berg schickt um 2 Leute zu retten, und keiner kommt je wieder heraus, Ähnliches passierte vor einigen Jahren in Österreich, als riesige Wassermassen aus einem See ein Bergwerk flutete, und man zuletzt 10 Helfer in den Berg schickt, weil sich noch ein Mann in dem abgesoffenen Bergwerk befand. Der Vermisste kam alleine heraus, der Rettungstrupp aus 10 Personen bestehend, befindet sich noch heute in dem Bergwerk. Solche Momente sind für Außenstehen sehr schwer zu beurteilen, und darum belassen wir es so, wie es niedergeschrieben wurde.



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